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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 20.03.2001
Aktenzeichen: 5 Ws 118/01
Rechtsgebiete: StGB
Vorschriften:
StGB § 68 f |
Für den Eintritt der Führungsaufsicht im Falle der Verhängung einer Einheitsjugendstrafe muss erkennbar sein, dass bei einer zugrunde liegenden Vorsatztat eines Erwachsenen mindestens zwei Jahre Jugendstrafe verwirkt worden wären.
Beschluss Strafsache gegen M.M.,
wegen sexueller Nötigung u.a., hier: Entscheidung nach §§ 68 f Abs. 1 und 2 StGB, 7 GG).
Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 6. Februar 2001 gegen den Beschluss der 3. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Dortmund vom 15. Januar 2001 hat der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 20.03.2001 durch die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der dem Verurteilten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Gründe:
I.
Das Jugendschöffengericht Hagen hat den Verurteilten am 20. August 1987 unter Einbeziehung des Urteils des Jugendschöffengerichts Hagen vom 11. September 1986, durch welches wiederum andere Urteile, durch die der Verurteilte zu Jugendstrafen verurteilt worden war, einbezogen worden waren (vgl. dazu im einzelnen die noch folgenden Ausführungen unter II.), wegen Körperverletzung und sexueller Nötigung jeweils in 2 Fällen zu einer (neuen) Einheitsjungendstrafe von fünf Jahren verurteilt. Diese Strafe hat der Verurteilte bis zum 24. März 1998 vollständig verbüßt. Anschließend sind gegen ihn (Erwachsenenfreiheits-)Strafen aus anderweitigen Erkenntnissen bis zum 24. Januar 2001 vollstreckt worden.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Strafvollstreckungskammer festgestellt, dass mit der Entlassung des Verurteilten aus dem Strafvollzug gemäß § 68 f Abs. 1 StGB Führungsaufsicht eintrete, die auch nicht gemäß § 68 f Abs. 2 entfalle und die mindestens zwei und höchstens fünf Jahre dauere. Darüber hinaus hat sie den Verurteilten der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers unterstellt und ihm im Rahmen der Führungsaufsicht verschiedene Weisungen erteilt. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Verurteilten.
II.
Das gemäß §§ 463 Abs. 3, 454 Abs. 3 Satz 1 StPO zulässige Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
1.
Nach §§ 7 JGG, 68 f Abs. 1 StGB tritt mit der Entlassung des Verurteilten aus dem Strafvollzug Führungsaufsicht ein, wenn eine Freiheits- bzw. Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat (oder eine Freiheits- bzw. Jugendstrafe von mindestens einem Jahr wegen einer in § 181 b StGB genannten Straftat - wegen einer solchen Straftat ist der Beschwerdeführer allerdings nicht verurteilt worden -) vollständig vollstreckt worden ist. Ausgehend davon, dass der Eingriff der Führungsaufsicht nur bei gewichtigen Straftaten mit erheblichem Unrechtsgehalt gerechtfertigt ist, geht die Rechtsprechung des Senats in Übereinstimmung mit derjenigen des 3. und 4. Senats des hiesigen Oberlandesgerichts (vgl. Beschlüsse vom 8. Juni 1995 - 3 Ws 248/95 - und vom 28. November 1995 - 4 Ws 370/95 -) zunächst dahin, dass Führungsaufsicht nach § 68 f StGB im Anschluss an eine voll verbüßte Gesamtfreiheitsstrafe im Erwachsenenrecht nur eintritt, wenn eine in der Gesamtstrafe enthaltene Einzelstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer Vorsatztat verhängt worden ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 14. November 2000 - 5 Ws 243/00 - und vom 16. Januar 2001 - 5 Ws 7/01 -). Daraus folgt des weiteren, dass für den Eintritt der Führungsaufsicht im Falle der Verhängung einer Einheitsjugendstrafe erkennbar sein muss, dass bei einer zugrunde liegenden Vorsatztat mindestens zwei Jahre Jugendstrafe verwirkt worden wären (vgl. Senatsbeschluss vom 14. November 2000 - 5 Ws 243/00 -; so auch der hiesige 4. Strafsenat mit Beschluss vom 4. September 1997 - 4 Ws 472/97 - und ebenfalls Brunner-Dölling, JGG, 10. Aufl., § 7 Rdnr. 11 sowie LG Hamburg StV 1990, 508, 509). Dies ergibt sich auch daraus, dass im Jugendstrafrecht keine anderen - insbesondere strengeren - Voraussetzungen als im Erwachsenenstrafrecht gelten dürfen.
2.
Der Senat schließt aus, dass die durch Urteil des Jugendschöffengerichts Hagen vom 20. August 1987 zu einer Einheitsjugendstrafe von 5 Jahren zusammengefassten Verurteilungen eine Einzelverurteilung zu einer Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren enthalten. Denn dieser Verurteilung lagen folgende (in chronologischer Reihenfolge mitgeteilte) Einzelerkenntnisse zugrunde:
a) Die Verurteilung durch das Landgericht Hagen vom 25. Februar 1981 zu einer Jugendstrafe von zehn Monaten wegen gemeinschaftlichen Raubes, gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Sachbeschädigung und Diebstahl,
b) die Verurteilung durch das Jugendschöffengericht Hagen vom 10. November 1982, das unter Einbeziehung des vorgenannten Urteils eine Einheitsjugendstrafe von einem Jahr wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und gefährlicher Körperverletzung verhängt hatte,
c) die Verurteilung durch das Jugendschöffengericht Hagen vom 11. August 1983, das unter Einbeziehung des vorgenannten Urteils eine Einheitsjugendstrafe von 1 Jahr 3 Monaten wegen Körperverletzung, Führens eines nicht haftpflichtversicherten Kraftfahrzeugs in 2 Fällen, Trunkenheit im Verkehr und Diebstahls verhängt hatte,
d) die Verurteilung durch das Jugendschöffengericht Hagen vom 3. November 1983, das unter Einbeziehung des vorgenannten Urteils eine Einheitsjugendstrafe von 2 Jahren wegen Diebstahls in 4 Fällen, Trunkenheit im Verkehr und gefährlicher Körperverletzung verhängt hatte sowie
e) die Verurteilung durch das Jugendschöffengericht Hagen vom 11. September 1986, das unter Einbeziehung des vorgenannten Urteils und einer weiteren Verurteilung durch das Jugendschöffengericht Hagen vom 27. Februar 1986 zu einer Jugendstrafe von neun Monaten wegen Sachbeschädigung und fahrlässiger Trunkenheit eine neue Einheitsjugendstrafe von drei Jahren neun Monaten wegen gefährlicher Körperverletzung, Straßenverkehrsgefährdung in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis, Verkehrsunfallflucht in Tateinheit mit Fahren ohne Fahrerlaubnis und Trunkenheit am Steuer sowie Vortäuschen einer Straftat verhängt hatte.
Angesichts dieser Verurteilungen wäre in keinem Fall wegen einer zugrunde liegenden Vorsatztat eine Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt worden.
Der angefochtene Beschluss war daher mit der Kostenfolge aus §§ 467, 473 StPO aufzuheben.
Ende der Entscheidung
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